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Die Waffen nieder - Brandspur und Lesung

 

Institut für Kunst und Forschung, W. Kastner,     

Hans-Jochen Vogel bei der Lesung aus verbrannten Büchern

 

Polizei prüft Hakenkreuz auf einem Foto von 1933  

 

Brandfleck und Lesung aus verbrannten Büchern 

Beißender Rauch stieg auf, als der Künstler Wolfram P. Kastner am 10. Mai 2011

zum zehnten Mal einen großen schwarzen Fleck in den Rasen des Königsplatzes brannte.(1) Ein dauerhaftes Erinnerungszeichen will die Stadtspitze nicht.

Die rotgrüne Mehrheit im Stadtrat ist zufrieden mit einem unsichtbaren Internet-Denkmal  – nach dem Vorbild von „des Kaisers neue Kleider“.  

 

Die Lesung begann mit Alt-Oberbürgermeister Hans-Jochen Vogel, der auch die Schirmherrschaft übernahm, mit einem aufwühlenden Text von Bertha von Suttner aus ihrem Roman „Die Waffen nieder“.  

 

Insgesamt trugen 90 Leser/innen an der Stelle der Bücherverbrennung Gedichte und Prosa vor, die 1933 auf alle Zeit verschwinden sollten. Schüler/innen, Hausfrauen, Berufstätige, Wissenschaftler, Studenten, Autoren, Schauspieler ebenso wie Stadträte, Bischöfe und Staatsminister (Dr. Wolfgang Heubisch).

„Hier können alle lesen und nicht nur Prominente dem Volk vorlesen.“

Im Laufe des Tages kamen etwa 1.500 Zuhörer auf den Königsplatz.  

 

Die Polizei beobachtete erstmals die gesamte Veranstaltung sehr genau und prüfte über eine Stunde lang, ob sie gegen ein dokumentarisches Foto von 1933 auf einem Informationsständer einschreiten solle.

Offenbar war die Veranstaltung für die Polizeibeamten auch insofern lehrreich, dass sie sich über die Rechtslage Klarheit verschaffen durften.  

 

Erstmals wurde auch im nahe liegenden Luisengymnasium gelesen – von Eltern, Schülern, Lehrern, Schauspielern und Autoren.  

 

Ein Fernsehteam filmte die Aktion. Von der Münchner Presse konnte leider niemand teilnehmen  

 

(Fotos für die Presse können auf Anforderung per email zugesandt werden)  

 

(1) Am 10. Mai 1933 fand auf dem Rasen des Königsplatzes nachts um 23.30 Uhr bei strömendem Regen eine der spektakulärsten Bücherverbrennungen in Deutschland statt - mit 50 - 70.000 Beteiligten, überwiegend Akademikern, nicht nur Nazis, wie z.b. dem späteren SZ-Journalisten Karl Ude, für den die Bücherverbrennung „ein Fest“ war.  

 

1935 wurde der gesamte Platz mit 10.000 Granitplatten belegt für die Aufmärsche und Gelöbnisse der Nazi-Kohorten.

 

1988 waren die Platten brüchig und wurden rückstandslos beseitigt – begleitet von einer Hochglanzbroschüre der Stadt und der Staatsregierung mit dem bezeichnenden Satz „Endlich darf Gras über die Geschichte wachsen“.  

 

1995 wurde eine Erinnerungsaktion von Wolfram Kastner „Damit keine Gras über die Geschichte wächst“ (mit einem Brandfleck, einer deutsch/englischen Texttafel und einer Lesung aus verbrannten Büchern) verboten.

 

Mit der Begründung „der Rasen von 1933 ist nicht mehr vorhanden“.

Erst als die überregionale Presse darüber berichtete, wurde die Aktion erlaubt, die Tafel nach kurzer Zeit abgesägt und weitere Aktionen in den Jahren bis 2011 immer wieder verboten.

 

2004 wurde die Aktion gestattet – mit der Auflage, 365 € in die Stadtkasse für Rollrasen zu zahlen, mit dem die Stadtverwaltung den schwarzen Fleck wieder zudecken wollte.

Der Künstler zahlte zwar nicht, aber 5 städtische Arbeiter deckten nach neun Tagen mit Rollrasen die Geschichte zu.

 

Seit 2005 wird die gesamte Aktion unterstützt vom Kulturreferat und dem Schulreferat der Stadt, vom Börsenverein des deutschen Buchhandels, von der Universität, dem PEN-Zentrum, der Volkshochschule, der Stadtbibliothek, der Oskar-Maria-Graf-Gesellschaft u.a.

 

 


 

Mit dem Brandfleck und den Lesungen will Wolfram Kastner eine positive Tradition für Freiheit, Menschenwürde und Akzeptanz stiften und viele – insbesondere junge – Menschen dafür und für die entsprechende Literatur gewinnen und sensibilisieren.

Erinnerungszeichen zu den Bücherverbrennungen und Lesungen aus „verbrannten Büchern“ hat Wolfram P. Kastner angeregt und teilweise – mit oder ohne Genehmigung

– realisiert in: Frankfurt, Heidelberg, Kassel, Leipzig, Lübeck, Mannheim, Nürnberg, Salzburg, Würzburg und Wuppertal.  

In vielen anderen Städten wurden von ihm ein Erinnerungszeichen und eine Lesung angeregt, aber nicht realisiert oder verhindert:

Bonn, Braunschweig, Dresden, Düsseldorf, Essen, Greifswald, Hannover, Landsberg, Rostock

 

Die verbrannten Dichter:

Ernst Barlach - Oskar Baum - Vicki Baum – Martin Beradt - Franz Blei - Bertolt Brecht – Joseph Breitbach - Max Brod - Ferdinand Bruckner– Elias Canetti - Veza (Magd) Canetti - Elisabeth Castonier– Franz Th. Csokor - Alfred Döblin – Kasimir Edschmid– Hans Fallada - Lion Feuchtwanger - Marieluise Fleisser– Bruno Frank - Leonhard Frank – Richard Friedenthal– Oskar Maria Graf - Karl Grünberg – Willy Haas– Hans Habe - Jakob Haringer - Walter Hasenclever– Georg Hermann - Franz Hessel - Ödön von Horvath– Oskar Jellinek - Erich Kästner - Franz Kafka– Mascha Kaleko - Gina Kaus - Hermann Kesten– Irmgard Keun - Egon Erwin Kisch - Klabund– Annette Kolb –Gertrud Kolmar - Paul Kornfeld– Else Lasker-Schüler - Theodor Lessing - Jack London - Emil Ludwig - Heinrich Mann - Klaus Mann– Thomas Mann - Valeriu Marcu - Walter Mehring– Konrad Merz -Max Mohr - Erich Mühsam– Hans Natonek - Alfred Neumann - Robert Neumann– Leo Perutz - Theodor Pli(e)vier - Alfred Polgar– Gustav Regler - Erich Maria Remarque - Ludwig Renn– Alexander Roda-Roda - Joseph Roth - Hans Sahl– Anna Seghers - René Schickele - Arthur Schnitzler– Bruno Schulz - Upton Sinclair - Leopold Schwarzschild– Hilde Spiel - Adrienne Thomas - Ernst Toller– Friedrich Torberg - B. Traven - Karl Tschuppik– Kurt Tucholsky – Fritz v. Unruh - Johannes Urzidil– Berthold Viertel - Jakob Wassermann - Armin T. Wegner– Ernst Weiss - Franz Werfel - Eugen Gottlob Winkler– Theodor Wolff - Paul Zech - Carl Zuckmayer– Arnold Zweig – Stefan Zweig - u.a.

 

Film von 2010 "München liest

- aus verbrannten Büchern" auf muenchen-tv.de

http://www.muenchen-tv.de/gesellschaft/Gedenken_an_Buecherverbrennung-5180.html

 

 


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